Ziele des Seminars
Ziel des Seminars war eine Einführung in die Themenfelder Konsumismus und Nachhaltigkeit an deutschen Hochschulen, um das Thema dort präsenter zu machen. Dabei ging es darum, das Thema Konsum nicht nur auf die Güter des täglichen Bedarfs zu beschränken. Vielmehr war das Ziel, die dahinter stehenden Ideen, Konzepte und Verhaltensweisen zu reflektieren. Das Seminar sollte außerdem einen bewussten Auseinandersetzungsprozess darüber anstoßen, welche sozialen, psychologischen und wirtschaftlichen Faktoren individuelle Konsumentscheidungen prägen und wie diese kritisch reflektiert werden können.
Anhand der aktuell zugrunde liegenden Leitbilder des Konsums sollten die Teilnehmer*innen lernen, ihr eigenes Konsumverhalten kritisch zu hinterfragen. Ferner war es Ziel des Seminars, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Konsum nachhaltig, also nicht zu Lasten von Natur und Umwelt oder der verfügbaren Ressourcen gestaltet werden kann.
Verlauf des Seminars
Das Seminar fand als Wochenendveranstaltung von Freitag, 10. Mai 2013 ab 17 Uhr bis Sonntag, 12. Mai 2013 um 15 Uhr hauptsächlich in der Evangelischen Studierenden¬gemeinde (ESG) in Bonn-Poppelsdorf statt.
Am ersten Tag erfolgte die Begrüßung der externen Teilnehmer*innen und ein kurzer Überblick über das Seminarprogramm von Heraldo Hettich aus der Campusgrünen Hochschulgruppe Bonn. Mit seinem Einführungsvortrag sensibilisierte er die Teilnehmer*innen für das Thema und erklärte einige grundlegende Begrifflichkeiten. Nach dem Abendessen erfolgte von 19-21:30 Uhr die öffentliche Podiumsdiskussion im Hörsaal XVII an der Universität Bonn mit dem Titel Grenzen des Wachstums – Konsum ohne Grenzen.
Auf dem Podium geladen waren vier Referent*innen: Der Journalist und Buchautor Stefan Kreutzberger aus Berlin, Autor des Buches „Die Essensvernichter“, die kommunale Umwelt- und Verbraucherpolitikerin Brigitta Poppe aus Bonn, der Soziologe Dr. Oliver Stengel vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie aus Münster, sowie die Diplom-Oecotrophologin Gesa Maschkowski von der Initiative Bonn im Wandel aus Köln. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Wendelin Sandkühler der Studierendeninitiative Oikos von der Universität Köln.
Die Podiumsdiskussion begann mit einem Impulsvortrag von Herr Dr. Stengel, darin gab er einen Einblick über bestehende Normen und Leitbilder des Konsums und erläuterte aus wissenschaftlicher Sicht die Zusammenhänge von Konsumforschung, Ökologie und Nachhaltigkeit und ging auch auf sozialwissenschaftliche Ansätze ein. Im Verlauf der Podiumsdiskussion stellten alle Referent*innen ihr Wirken und Handeln vor und erläuterten den direkten Bezug zum Themenfeld der Nachhaltigkeit. Die studentischen Publikumsgäste hatten die Möglichkeit, Fragen zu stellen und auch kritische Themen anzusprechen. Es entwickelte sich eine Diskussion über alternative Möglichkeiten der Konsumgüterproduktion, dem Konsumverhalten von Studierenden und warum sich die selbst gesteckten ökologischen Idealvorstellungen vieler Menschen nicht in Einklang bringen lassen mit den tatsächlich getroffenen Konsumentscheidungen. Der erste Tag wurde mit dem ARTE-Filmbeitrag „Kaufen für die Müllhalde“ am Abend beendet. Dieser stellte den Begriff der „Obsoleszenz“ in den Mittelpunkt.
Der zweite Tag begann mit einer kurzen Rekapitulation der während der Podiumsdiskussion gefallenen Begriffe und Bezüge. Im Workshop Was ist Konsumismus? Hochschulen als Konsumraum erfolgte ein Meinungsbild der Teilnehmer*innen zur Frage „Was kann Ich als konsumierender Mensch tun?“ Einzelne Aussagen der Teilnehmer*innen wurden auf Flipcharts notiert und die persönlichen Konsumbilder in der Gruppe diskutiert. Es wurde erörtert was Konsumismus genau bedeutet und unter welchen Normen er an den Hochschulen zu finden ist. Der Autor Stefan Kreutzberger stellte die Initiative foodsharing aus Berlin vor und erklärte, in welcher Nische sich eine solche Initiative bewegen würde.
Nach dem Mittagessen erläuterten die Referenten Andreas Altmannsberger und Daniel Duarte der Projekt-Gruppe Kölle Global aus Köln das theoretische Modell des Konsumkreislaufs. Anschließend erfolgte ein konsumkritischer Stadtrundgang durch das Universitätsgelände und die Innenstadt. Einzelne Forschungs-, Produktions-, Verkaufs- und Werbestandorte wurden besichtigt und exemplarisch deren Beteiligung, Einfluss und Wirken am Konsumkreislauf erläutert. Anschließend wurden mit den Teilnehmer*innen denkbare Modifikationen im bestehenden Kreislauf diskutiert und wie Aspekte und Strategien der Nachhaltigkeit in einen alternativen Konsumkreislauf mit einbezogen werden könnten.
Für den anschließenden Workshop „Nachhaltigkeit“ versus „Ressourcenverbrauch“ stellte der Referent Benjamin Best vom Netzwerk Wachstumswende die in seiner Dissertation bearbeiteten neuen Aspekte der Postwachstumsforschung vor und erklärte warum die Ziele der Nachhaltigkeit häufig dem konsumgesteuerten Ressourcenverbrauch an Hochschulen entgegenstehen. Die sich entwickelnde Diskussion beschäftigte sich mit der moralische Frage des Verzichts und wie man andere für seine Anliegen begeistern könnte.
Der nächste inhaltliche Block bestand aus einer Diskussionsveranstaltung mit dem Thema Wie lassen sich Erkenntnisse in der Praxis umsetzten? Dafür war Frau Pia Grünberg, die Leiterin der Abteilung Gastronomie vom Studentenwerk Bonn zu Gast. Sie brachte praxisrelevante Aspekt der Verwaltung und ökonomische Handlungsspielräume in die Diskussion ein und beantwortete viele Fragen, warum viele nachhaltige Wünsche und Idealvorstellungen Studierender nicht sofort in der Praxis realisiert werden können.
Nach dem gemeinsamen Abendessen wurden mit Hilfe der kurzen Filmbeiträge Essen im Eimer des WDR, We Feed the World und The Story of Stuff das vermittelte Wissen nochmals einfach und bildhaft dargestellt.
Der letzte Seminartag begann mit einem Vortrag zum Thema Informationsstand und Handlungsbereitschaft zum Themenkomplex der Nachhaltigkeit von Mirjam Kulessa und Joanna Domnich der Sozialen Landwirtschaft (Solawi) aus Köln. Sie stellten aktuelle Entwicklungen und Transition-Initiativen aus dem ganzen Bundesgebiet vor und wie durch konkrete Projekte vor Ort, praktische Veränderung des eigenen Konsumverhaltens erzielt werden konnten. Die Referentinnen gingen dabei auch auf sozialpsychologische Aspekte der Nachhaltigkeit ein, welche durch die Arbeit mit den eigenen Händen erfahrbar werden können und innerhalb einer Gruppendynamik lokal sehr motivierend wirken.
Die in den einzelnen Workshops zusammengetragenen Erkenntnisse, Analysen und erarbeiteten Gruppenergebnisse wurden optisch auf Flipcharts festgehalten und übersichtlich zusammen geführt. Abschließend erfolgte die Diskussion des Plenums über die erarbeiteten Lösungsansätze und ob diese eine Relevanz für das zukünftige eigene Handeln der Teilnehmer*innen darstellen wird.
Ergebnisse des Seminars
Die Teilnehmer*innen erhielten durch die verschiedenen Referent*innen fachliche Einblicke in spezielle Aspekte des Themenfeldes der Nachhaltigkeit. Dadurch wurden sie in die Lage versetzt, soziale, psychologische und wirtschaftlichen Zusammenhänge miteinander zu verknüpfen. Das theoretische Wissen vom Modell des Konsumkreislaufs wurde von den Teilnehmenden schnell erfasst und konnte in einer Workshop-Phase selbstständig um eigene Aspekte ergänzt werden. Aufbauend auf diesem Wissen konnten sie persönliche Aspekte von Konsum und ihr eigenes Konsumverhalten reflektieren und teilweise das erste Mal hinterfragen.
Während des konsumkritischen Stadtrundganges konnten die Teilnehmer*innen Leitbilder und Statussymbole, welche an und um die Hochschulen zu finden sind, selbstständig identifizieren. Damit erhielten die Teilnehmer*innen eine Vorstellung davon, wie ihr eigenes Konsumverhalten gezielt gesteuert und beeinflusst werden kann und mit welchen Zielsetzungen dies passiert. Das Ziel des Seminars, sich bewusst zu machen, dass man selbst diesen Wirkungsmechanismen unterliegt und stets beeinflusst wird, wurde erreicht.
Die Teilnehmer*innen setzten sich mit Nachhaltigkeitskonzepten auseinander und erfassten Interessenskonflikte des konsumgesteuerten Ressourcenverbrauchs mit den Zielen der Nachhaltigkeit. Dies motivierte einzelne Personen, ihr Umfeld stärker zu hinterfragen und führte zu einigen Aha-Erlebnissen und leidenschaftlichen Diskussionen. Die Teilnehmer*innen erkannten, dass viele Lösungs-Ansätze, grundlegende Probleme nur in die Zukunft verlagern und nicht lösen.
In den Diskussionen wurde deutlich heraus gestellt, dass für das Erreichen übergeordneter Ziele der Nachhaltigkeit, zunächst eigene Handlungs-Motive Voraussetzung sind. Die Dis¬kussion am dritten Seminartag über die Problemverlagerung durch die Globale Mobilität machte deutlich, dass die inhaltlichen Ziele des Seminars vermittelt werden konnten und die Teilnehmer*innen dazu befähigt hat, die Zusammenhänge selbstständig zu analysieren.
Die abwechslungsreiche Gestaltung des Seminars durch aktive und theoretische Elemente wurde von den Teilnehmenden sehr positiv bewertet. Die öffentliche Podiumsdiskussion am ersten Tag mit über 120 Zuhörenden hat die Veranstaltenden ebenfalls in dem Gefühl bestärkt, ein aktuelles und interessantes Themenfeld aufgegriffen zu haben.