Ziel des Seminars
In vielen Städten wird Wohnraum knapp und teuer. Durch den Ausbau der Hochschulen spitzt sich die Wohnraumnot bei Studierenden insbesondere zu Beginn der Semester immer mehr zu. Davon sind vor allem Studienortwechsler*innen, Studienanfänger*innen und ausländische Studierende betroffen. Oft finden sie keine Wohnung oder werden bei der Wohnraumvergabe benachteiligt,weil sie kein hohes Einkommen nachweisen können. Bis zuletzt wissen sie oft nicht, wo sie am ersten Tag ihres Studiums schlafen werden.
Das Seminar sollte ein Plattform bieten, die aktuelle Situation dieses komplexen Problems zu beleuchten, die wichtigsten Informationen zusammenzutragen und über Veränderungen durch die Bolognareform zu diskutieren. Ein Schwerpunkt des Seminars sollte sein gemeinsam sich Lösungsansätze anzuschauen und zu bewerten und eigene Zusammenzutragen.
Das Seminar richtete sich bundesweit an Studierende, die schon Erfahrungen mit der Wohnraumpolitik gemacht haben, als auch an Studierende, die sich bislang noch nicht mit diesem Problem auseinander gesetzt haben.
Verlauf des Seminars
Das Seminar fand von Freitag, dem 08. März 2013, bis Sonntag, dem 10. März 2013, in der Jugendherberge des Schloss Hundisburg bei Magdeburg statt. Am Freitagabend begann das Seminar um 15 Uhr mit einem Kennenlernspiel angeleitet durch Yann Prell. Es diente der spielerischen Einführung in die Thematik. Mit dem Spiel wurde die unterschiedliche Situation an den einzelnen Hochschulstandorten erfahrbar. Die Teilnehmer*innen stellten sich nach der Größe, Preis, Lage (Zentral/Dezentral) ihrer Wohnungen im Raum auf. Daraus entwickelte sich eine Lebhafte Diskussion über den aktuellen Wohnungsmarkt und Wohnungssituation.
Im Anschluss stellten sich alle Teilnehmer*innen vor und erklärten weshalb sie am Seminar teilnehmen. Außerdem erzählten sie von ihren eigenen Erfahrungen an ihrem Hochschulstandort. Außer in Bielefeld war das Thema an allen Hochschulstandorten akut brisant. Die Teilnehmer*innen hatten unterschiedliche Motivationen. Einzelne Teilnehmer*innen waren schon vor Ort in ihrem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) aktiv. Eine Teilnehmerin erzählte davon, dass sie gerade eine Umfrage zum Thema innerhalb der Uni Bonn mit dem AStA durchgeführt hat. Andere Teilnehmer*innen hatten noch wenig Erfahrung mit dem Thema gemacht, empfanden es aber als brisant für ihren Hochschulstandort und Studienleben. Yann Prell gab daraufhin einen Überblick über den Seminarverlauf danach gingen die Teilnehmer*innen zum Abendessen.
Ab 19 Uhr fand die Einführungsveranstaltung: Wohnraumproblematik an Hochschulstandorten durchgeführt durch Yann Prell statt. In Kleingruppen erarbeitet die Teilnehmer*innen anhand eines Problembaums die Grundprobleme von Wohnungsraumnot. Dabei stellten sie sich die Fragen: Wie kommt es zu Wohnungsknappheit? Was folgt aus daraus? Die Kleingruppen stellten sich ihre Ergebnisse vor. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Frage, inwieweit der Bologna-Prozess, G9 und häufige Studienortswechsel das Problem beeinflussen. m zweiten Teil des Workshops sammelten die Teilnehmer*innen wieder in Kleingruppen Kriterien für „gutes“ Wohnen. Ziel war es gemeinsam festzustellen, was Grundforderungen an Studierendenwohnungen gestellt werden sollten und an welche Einrichtungen und Institutionen man sich wenden kann. Die Teilnehmer*innen diskutierten angeregt über ihre Ergebnisse und führten ihre Diskussionen nach Ende des Workshops weiter.
Am Samstag hielt Philipp Bläß einen Vortrag zur Aktuellen Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes mit Fokus auf die Wohnraumknappheit. Damit wurden die Teilnehmer*innen auf einen gemeinsamen Wissensstand zur momentanen Wohnsituation von Studierenden gebracht. Er stellte hierfür die Zahlen des Deutschen Studentenwerks vor. Die Teilnehmer*innen untersuchten in kleinen Gruppen die Lage in ihren eigenen Bundesländern und verglichen sie miteinander (Anzahl der Wohnheimplätze auf Studierende, Durchschnittliche Miete, verschiedene Lösungsmöglichkeiten und Angebote vor Ort).
Nach einer Mittagspause fand um 13:30 Uhr der Workshop Alternative Wohnkonzepte –Lösung des Problems oder nur Umgehung der Wohnraumproblematik statt. Hier stellte Lena Herrera Piekarski Modellprojekte und Vorschläge für Schaffung neuen Wohnraumes vom DSW; StuWe; Hochschulen; Ländern und Kommunen vor. Als Beispiel wurde die Umwandlung von Kasernen in Wohnheimen oder Container als Studienwohnungen (Hamburg) genannt. Anschließend leitete sie eine Diskussion ein, welche Flächen in der Stadt in Wohnraum umgebaut werden können und welche Kriterien diese erfüllen müssen.
Nach einer Kaffeepause wurde weiter an Lösungsansätzen für das Problem gearbeitet hierfür gab Philipp Bläß einen Workshop zum Thema Neue alternative Wohnkonzepte und Anlaufstellen für Wohnungssuchende an Hochschulstandorten. Philipp Bläß stellte hierfür Hochschu-linitiativen von AStEN und StuWen vor, um die Wohnraumproblematik zu lindern. Außerdem stellte er selbstorganisiertes Wohnen als eine alternative Wohnungsform vor. Hier legte er den Fokus auf das Berliner Syndikatsmodell, das Wohnungen dem Wohnungsmarkt für soziales und gemeinschaftliches Wohnen entzieht. Diese Vorschläge wurden angeregt diskutiert, allerdings kritisierten die Teilnehmer*innen, das auch alternative Wohnmodelle das Problem der fehlenden Flächen nicht lösen können und somit nur begrenzt als Mittel gegen Verdrängung in die Randgebiete dienen.
Nach dem Abendessen wurde aufbauend auf die vorherigen Workshops der Workshop Leitfaden zur Suche von Wohnraum an Hochschulstandorten von Lena Herrera Piekarski angeboten. Ziel war es, gemeinsam einen Leitfaden zu entwickeln, der Studierende bei der Wohnungssuche unterstützen kann. Dabei wurden Handlungskonzepte erarbeitet und gesammelt, die Teilnehmenden als Handlungsideen mit nach Hause nehmen konnten. Einige davon knüpften an die vorher vorgestellten alternativen Wohnmodelle an. Alternativ könnten Studierende auch zuhause Wohnen und zur Hochschule pendeln. Hier wurden parallel Forderungen entwickelt, wie die Politik auf die prekäre Wohnsituation von Studierenden reagieren solle. Außerdem wurde anhand einer Stakeholderanalyse herausgearbeitet, welche möglichen Bündnispartner es vor Ort für das Problem gibt.
Der Sonntag startete um 10 Uhr mit dem Vortrag Beitrag des Bundes, Landes und der Kommunen. Oder – Wer trägt die Schuld an der Wohnraumknappheit wirklich? von Yann Prell über den bis zur Mittagspause diskutiert werden konnte. Hier ging es vor allem darum zu schauen, welche politischen Entscheidungen auf welcher Ebene eigentlich zur Verschärfung des Problems in den letzten Jahren geführt haben. Dies wurde verknüpft mit den Einflüssen der Bologna-Reform und der verkürzten Schulzeit, die sowohl zu einem Anstieg der Studierendenzahlen als auch zu verstärkter Mobilität bei Studierenden beigetragen haben.
Im Anschluss fand der Workshop Wie kann Wohnraumnot langfristig verhindert werden, ohne die Diversität der Hochschullandschaft durch Bologna zu gefährden? angeleitet von Philipp Bläß statt, um über weitere Lösungsansätze nachzudenken und diese in einem Positionspapier festzuhalten. Innerhalb dieses Workshops wurde ein Positionspapier ausgearbeitet, dass vom Campusgrün Bundesverband grün-alternativer Hochschulgruppen nach dem Seminar aufgenommen wurde.
Am Ende des Seminartages um 15 Uhr wurden die Ergebnisse des Wochenendes zusammengefasst und die Teilnehmer*innen verabschiedet.
Ergebnisse des Seminars
Die Teilnehmer*innen sind mit den Hintergründen der Wohnraumproblematik und dem Zusammenspiel verschiedener lokaler, regionaler und nationaler Strukturen vertraut gemacht worden. Sie haben einen Einblick in die Wohnsituation von Studierenden erhalten. Dies geschah sowohl auf der Grundlage von wissenschaftlichen Untersuchungen als auch durch den Austausch der Studierenden untereinander. Anhand verschiedener Referate und der Gruppenarbeit wurde ein Austausch unter den Teilnehmer*innen initiiert. Die Diskussionen haben neue Anregungen für Konzepte gegeben und es ist ein Positionspapier zum Wohnraummangel entstanden, das vom Campusgrün Bundesverband grün-alternativer Hochschulgruppen und von einzelnen grün-alternativen Hochschulgruppen aufgenommen wurde. Für den Leitfaden wurden erste Ideen gesammelt, die die Teilnehmer*innen an ihre Hochschulen tragen und dort verwenden wollten.